Ferhana: Unermüdliche Hoffnung entgegen aller Widrigkeiten

Geschichten aus Afghanistan

Ich bin stolz, wenn ich zurückblicke und mich mit meinem früheren Ich vergleiche. Ich habe alles gelernt und bin eine Expertin in Sachen Wirtschaft, Marketing und Ausstellungen geworden.

FERHANA

Ferhana arbeitet mit anderen Frauen in ihrem Shop. Credit: WfWI

VOR ETWA VIER JAHREN HABE ICH DAS „STRONGER WOMEN, STRONGER NATIONS“ PROGRAMM ABSOLVIERT UND DAS HAT ALLES IN MEINEM LEBEN VERÄNDERT.

Während einem unserer Schneiderkurse kündigte WfWI an, dass sie einen Laden für eine Teilnehmerin mieten würden. Ich konnte es kaum glauben, als ich hörte, dass ich diejenige war, die ausgewählt wurde. WfWI mietete den Laden für mich und bezahlte die Miete für zwei Jahre. Sie unterstützten mich auch, indem sie mir die Produkte anderer Teilnehmerinnen zum Verkauf zur Verfügung stellten. Zu dieser Zeit war ich die Alleinversorgerin für meine Familie. Vor zwanzig Jahren habe ich geheiratet, doch mittlerweile bin ich Witwe und bin Mutter von drei Töchtern und drei Söhnen. 

Bis vor zwei Jahren war ich in meiner Arbeit sehr erfolgreich. Ich verkaufte Kleider aus Samt und Georgette und auch Schmuck. Als die de-facto-Regierung die Macht übernahm, verbot sie den Frauen, allein in Gärten zu gehen. Da sich mein Laden in einem historischen Garten befand, musste ich ihn schließen. Ich war schockiert. Wie sollte ich meine Rechnungen bezahlen und Essen für meine Familie kaufen? Es gab einfach kein Geld und keine Arbeit. Ich sah mich vor dem Nichts.

ICH KONNTE DIESE ENTSCHEIDUNG NICHT EINFACH SO HINNEHMEN.

Zusammen mit anderen Frauen führten wir mehrere Gespräche mit den Behörden und teilten ihnen unsere Sorgen mit. Nicht nur ich habe eine Einkommensquelle verloren. Zu dieser Zeit beschäftigte ich 12 bis 20 andere Frauen. Wenn ich arbeitslos würde, würden auch sie alle ihre Arbeit verlieren. Wir waren alle Witwen und die Ernährerinnen unserer Familien. Ich musste all meinen Mut zusammennehmen, um den Behörden zu sagen, dass wir keine männliche Unterstützung hatten und dass unsere Kinder noch klein waren. Mein Ältester war zu diesem Zeitpunkt erst 12 Jahre alt, also fragte ich sie:

Soll ich lieber auf der Straße betteln oder mit den anderen Frauen, mit denen ich zusammenarbeite, ein Einkommen erzielen?

Eine Ausstellung der Schmuckstücke, die Ferhana herstellt. Credit: WfWI

NACH DIESEM GESPRÄCH RIEFEN SIE EINE WOCHE SPÄTER AN, UM UNS MITZUTEILEN, DASS WIR WEITERARBEITEN KÖNNEN.

Daraufhin eröffnete ich meinen Laden wieder und konnte endlich aufatmen. Seitdem verkaufen wir afghanische und Hazaragi-Kleidung sowie verschiedene Arten von Edelsteinen wie Lapislazuli, Chrysokoll und Shah-Maqsoodi-Stein.  

Da das Geschäft gut läuft, kaufen wir auch andere Schmuckstücke auf dem Markt. In den letzten drei Jahren habe ich an Ausstellungen teilgenommen, um meine Produkte zu verkaufen und Geld zu verdienen. Die Kosten für die Teilnahme zahle ich selbst, da ich weder die Genehmigung der Handelskammer noch ein Arbeitszeugnis habe. 

ALS MUTTER ERWARTE ICH VON MEINEN KINDERN NICHT, DASS SIE FÜR MICH ARBEITEN UND GELD VERDIENEN. ICH MÖCHTE UNABHÄNGIG SEIN UND FÜR SIE SORGEN KÖNNEN.

Meine einzige Hoffnung ist, dass sie eine Ausbildung erhalten, damit sie eine Zukunft haben, in der sie auch für ihre Familien sorgen können. Ich ermutige meine Söhne und Töchter, den Koran, Englisch und Mathematik zu lernen. Vor zwei Jahren habe ich meine Töchter zu Englischkursen angemeldet, aber die Behörden haben die Kurse geschlossen, so dass sie jetzt zu Hause sind und mir bei Näh- und Schneiderarbeiten helfen. Ich habe sehr oft mit ihnen geweint, jetzt, wo sie zu Hause sind. Das war nicht die Zukunft, die ich für sie wollte und manchmal fühle ich mich hoffnungslos. Ich kann sehen, dass sie Angst haben und deprimiert sind, weil sie sich große Sorgen um ihre Zukunft machen. Um ihnen die Möglichkeit zu geben, etwas zu lernen und sich besser zu fühlen, habe ich sie für einen Schneiderkurs bei WfWI angemeldet. 

Ich hoffe, dass wir als afghanische Frauen weiter durchhalten und füreinander einstehen. Wir haben die Macht, Dinge zu verändern und ich werde alles tun, was ich kann, um meinen Laden am Laufen zu halten, damit meine Kinder und auch andere Frauen, die mit mir zusammenarbeiten, eine Zukunft für sich sehen. 

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