Mein Name ist Iryna

ICH FORDERE GERECHTIGKEIT FÜR ÜBERLEBENDE SEXUELLER GEWALT

Vom ersten Tag der russischen Invasion in der Ukraine an wusste ich, dass ich mein Land nicht verlassen würde. Meine Überzeugung wuchs, als sich die Gerüchte über die Gräueltaten an Frauen bestätigten – ebenso wie mein Bedürfnis, sofort zu handeln und nicht auf das Ende des Krieges zu warten.

An dem Tag, als der Krieg in die Ukraine begann, wachte ich um 5:30 Uhr morgens auf, weil meine Tochter weinte. Als ich mich wieder ins Bett legte und die Augen schloss, hörte ich eine gewaltige Explosion und die Autoalarme begannen zu schrillen. Ich nahm mein Handy in die Hand, um zu sehen, was los war, und eine Flut von Nachrichten und Facebook-Posts bestätigte meine Befürchtungen.

Ich weckte meinen Mann und sagte ihm, dass der Krieg offiziell begonnen habe. Die Ukraine wurde angegriffen.

IRYNA

Vor unserem Fenster zog sich eine Schlange von Autos, die verzweifelt die Stadt verlassen wollten. Wir wohnten an der Grenze zu Kiew, so dass wir auch die Lichter der feindlichen Raketen sehen konnten, die auf die kilometerweit entfernten Städte fielen. Städte voller Familien wie meine eigene.

Unsere Tochter war damals erst zwei Jahre alt, und so beschlossen wir, dass es das Beste war, die Stadt zu verlassen und in ein Dorf zu fahren, um sie in Sicherheit zu bringen. Feindliche Raketen flogen die ganze Zeit über unsere Köpfe hinweg, während wir unser ganzes Leben in zwei Koffern und einer Tasche packten. Wir wohnten in einem alten Haus, das von meiner Urgroßmutter gebaut worden war. Bevor sie starb, riet sie meiner Mutter, es nicht zu verkaufen: „Es wird eine Zeit kommen, in der die Menschen aus der Stadt fliehen werden“. Wie recht sie doch hatte.

Schließlich wurden wir in einem Studierendenwohnheim untergebracht, wo wir mit anderen Binnenvertriebenen lebten. Es waren Frauen aus Mariupol, Sumy, Bucha, Irpen und Charkiw. Jeden Morgen trafen wir uns in der Küche, um das Frühstück für unsere Kinder zuzubereiten. Wir unterhielten uns über die Neuigkeiten, die wir von Freunden hörten, die unter der Besatzung in ihren Heimatstädten geblieben waren. Als sie anfingen, schreckliche Geschichten von Vergewaltigungen zu erzählen, sprach ich mit alten Kontakten aus meiner Zeit beim Kiewer Regionalrat. Die Geschichten waren wahr.

Ich habe jeden Tag mit Freunden aus Kiew gesprochen. Wie ich konnten auch sie nicht tatenlos zusehen und auf den Sieg warten. Eines Tages sprach ich mit einem Freund über die Vergewaltigung von Frauen und den Bedarf der Überlebenden an psychologischer Unterstützung. So wurde die Andreev-Stiftung ins Leben gerufen. Als unser Militär Kiew befreite, beschlossen wir, mit einem Team von Psychologen und Psychologinnen nach Hause zurückzukehren, um Frauen zu helfen, die sexuelle Gewalt überlebt hatten.

Verständlicherweise dauerte es eine Weile, bis die Frauen uns vertrauten. Denn in ländlichen Gebieten werden vergewaltigte Frauen oft als Opfer beschuldigt. Viele verschlossen sich der Unterstützung, aber sobald sie zu erzählen begannen, konnten wir ihnen helfen, zu heilen.

Natürlich ist unsere Arbeit nicht ohne Risiko. Im letzten Winter wurden unsere Gruppensitzungen mehrmals unterbrochen, weil wir uns vor Raketen und Drohnen schützen mussten, die über uns hinweggeschossen wurden. Der Krieg stellt eine ständige Bedrohung für unsere Sicherheit dar.

Es lohnt sich dennoch, hier zu bleiben, wenn dadurch auch nur eine Frau nach ihrem Leid wieder zu leben beginnt.

IRYNA

Es ist eine Lehre für uns alle: Folge dem Ruf deines Herzens. Wenn du helfen möchtest, tu es einfach. Wenn auch nur eine Frau dank dir ihr Leben ändert, ist das ein unmessbarer Beitrag zum Fortschritt der Menschheit.

ÜBERNIMM EINE PATENSCHAFT

Unterstütze eine Frau wie Iryna in der Ukraine, sodass mehr Überlebende sexualisierter Gewalt Unterstützung erhalten.

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