Mein Name ist Marie-Jeanne

DIE BETEILIGUNG VON FRAUEN AN ENTSCHEIDUNGSPROZESSEN IST FÜR EINE AUSGEWOGENE UND GERECHTE GESELLSCHAFT UNERLÄSSLICH. IN DER GEMEINSCHAFT VON MARIE JEANNE HABEN DIE MÄNNER JEDOCH DIE KONTROLLE ÜBER DIE SÄMTLICHE ENTSCHEIDUNGEN.

Marie Jeanne erzählt uns, dass Frauen bei Gemeindeversammlungen nicht die Möglichkeit haben, ihre Ideen und Anliegen einzubringen. Sie hat sich gegen diese und andere Ungerechtigkeiten gewehrt. Sie wagt es, im Namen aller Frauen in ihrer Gemeinde zu sprechen.

DIES IST IHRE GESCHICHTE:

Ich lebe in einem kleinen Dorf in Bukavu, Süd-Kivu, bin 47 Jahre alt und Mutter von sechs Kindern. Außerdem bin ich die Vormundin eines Jungen, der zurückgelassen wurde, nachdem sein Vater beim Einmarsch der Rebellengruppe in Goma im Jahr 2013 getötet wurde.

Ich bin Bäuerin, aber die schlechten Lebensbedingungen und die wiederkehrenden bewaffneten Konflikte im Osten der Demokratischen Republik Kongo machen es schwierig, für meine Kinder zu sorgen. Die geringen Einnahmen, die ich aus der Landwirtschaft erziele, decken 10 Prozent des Bedarfs meines Haushalts. Das ist bei vielen von Frauen geführten Haushalten in meinem Dorf der Fall. Nachdem sie ihre Männer im Krieg verloren haben, müssen sich die Frauen um die Waisen und den Haushalt kümmern.

Durch die zunehmenden Spannungen und die Unsicherheit wurde es für meinen Mann und mich immer schwieriger zur Arbeit zu gehen. 2014 ging ich das Risiko ein und ging in ein nahegelegenes Dorf namens Luhara, um an dem Stronger Women, Stronger Nations-Programm von Women for Women International teilzunehmen.

Marie-Jeanne in ihrem Zuhause in Süd-Kivu, Credit: WfWI

Meine Motivation zur Teilnahme wurde durch Frauen in Luhara geweckt, deren Leben sich nach der Teilnahme an dem Programm drastisch verändert hatte. Ich habe mich immer wieder gefragt, wie sie es geschafft haben, in kurzer Zeit ihr eigenes Einkommen zu sichern.

Glücklicherweise startete Women for Women International 2016 das Programm in meinem Dorf, und ich war eine der ersten Frauen, die sich registrieren ließen. Ich schloss mich einer Gruppe von 25 Frauen an, gemeinsam bildeten wir eine Klasse. Wir lernten praktische Fähigkeiten wie Schönheitspflege, Geflügelhaltung und Ziegelherstellung. Wir lernten, wie man Handel treibt und ein Geschäft aufbaut. Ganz nebenbei lernten wir auch etwas über unsere Rechte als Frauen, über unser Recht, Land zu besitzen und zu erben, und darüber, wie wir Gewalt und häuslichen Missbrauch verhindern können.

Die Schulung bot uns einen sicheren Raum, in dem wir unsere Erfahrungen austauschen und uns zu Themen äußern konnten, die uns in unseren Gemeinden und zu Hause betreffen.

Nach ein paar Monaten wurde ich selbstbewusster und traute mich, meine Überzeugungen vor anderen zu äußern.

MARIE-JEANNE

Nach meinem Abschluss begann ich mit dem Change Agents-Programm, das sich an Frauen richtet, die Motivation und Führungsqualitäten in ihrer Gemeinde zeigen. Wir ermittelten die Veränderungen, die wir sehen wollten, und erstellten Aktionspläne, wie wir unsere Stimmen und Erfahrungen nutzen wollten, um unsere Gemeinden zu beeinflussen.

WÄHREND DES CHANGE AGENT-PROGRAMMS WURDEN WIR ERMUTIGT, UNS AM ÖFFENTLICHEN LEBEN ZU BETEILIGEN, UNS FORTZUBILDEN, UNS GEGENSEITIG ZU UNTERSTÜTZEN UND UNSERE RECHTE EINZUFORDERN.

Die Module zur Durchführung von Advocacy-Aktionen haben mir geholfen, die Angst zu vertreiben und die Mythen zu zerstören, die kongolesische Frauen seit Jahrzehnten dazu bringen, zu schweigen, wenn Männer sprechen.

Heute kann ich meine Meinung sagen und die Ideen der Frauen ohne Angst äußern.

Aufgrund des langjährigen Konflikts in der Demokratischen Republik Kongo sind die rückschrittlichen traditionellen Gesellschaftsordnungen tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. Ich habe festgestellt, dass Frauen bei öffentlichen Versammlungen in meinem Dorf nicht zu Wort kommen oder ihre Anliegen vorbringen können. Alle Entscheidungsprozesse liegen nach wie vor allein in den Händen der Männer. Ich bezog Stellung und beschloss, mich gegen die Norm zu stellen.

Ich vertrete und spreche in den Versammlungen im Namen der Frauen. Ich verschaffe den Stimmen der Frauen in meinem Dorf Gehör.

MARIE-JEANNE

Einige der Themen, die ich bei den lokalen Behörden in meinem Dorf anspreche, sind Erbschaftsrechte der Frauen, die Bildung der Mädchen, das wirtschaftliche Potenzial der Frauen, die sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen und die Möglichkeit der Frauen, ihre Meinung zu äußern und ihre Ideen zu vertreten. Die lokalen Behörden haben einige der Probleme aufgegriffen und angegangen. Mein Dorfchef zögert nicht, mich nach meiner Position zu fragen. Er hat mich sogar ‚Nyumba Kumi‘ genannt, weil ich zehn Haushalte verwalte und vertrete.

Bis jetzt habe ich drei Frauen in meinem Dorf geholfen, ihr Erbe zurückzubekommen, nachdem ihnen ihr Recht auf Erbe unrechtmäßig verweigert wurde, weil sie Frauen sind. Meine Bemühungen liegen nicht nur in den Veränderungen, die ich angestoßen habe, sondern auch in dem Mut, den ich bei den Frauen in meinem Dorf geweckt habe.

Ich bin zuversichtlich, dass meine furchtlose Stimme eines Tages alle Barrieren niederreißen und eine neue Ära der Gleichberechtigung in meinem Dorf einleiten wird.

ÜBERNIMM EINE PATENSCHAFT

Unterstütze eine Frau wie Marie-Jeanne in der DRK, sodass Frauen in ihren Gemeinden gleichberechtigt behandelt werden.

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