Mein Name ist Suzan

Der Krieg hat Suzan viel genommen. Doch kämpft sie stets weiter, um ihre Kinder zu beschützen. Als ihre Tochter schwanger wurde und ihr eine Zwangsehe BEVORstand, hat sich Suzan dem Druck ihrer Familie und der Gemeinschaft widersetzt. Jetzt unterstützt sie andere dabei, dasselbe zu tun – Widerstand zu leisten.    

   

Ich wuchs während des zweiten Sudanesischen Bürgerkriegs auf und hatte nicht die Möglichkeit, zur Schule zu gehen. Also wurde ich Bäuerin. Ich arbeitete lange Zeit in der Landwirtschaft, bis mein Mann starb. Dann zog ich mit unseren gemeinsamen drei Kindern in die Stadt Yei, denn ich wusste, ich brauchte Arbeit, um meine Familie versorgen zu können.

Während des Krieges habe ich auch einige meiner Brüder verloren. Auch sie hatten kleine Kinder, die sie zurücklassen mussten. Ihre Kinder sind bis heute unter meiner Obhut. Das sind viele Menschen, die es zu versorgen gilt. Ich habe angefangen, kleine Häppchen auf dem lokalen Markt zu verkaufen, doch dennoch hatte ich in vielen Bereichen meines Lebens weiterhin zu kämpfen. Ich arbeitete von morgens bis spät in die Nacht im Verkauf und verdiente noch immer nicht genug, um uns zu versorgen. Selbst, wenn ich einen kleinen Profit erzielte, war dieser schnell wieder aufgebraucht.   

2016 plünderten bewaffnete Männer mitten im Kriegsgeschehen meinen Laden und suchten mich in meinem Haus auf. Einige schlugen vor, mich zu foltern, oder gar umzubringen. Andere verteidigten mich, sagten ich sei doch nur eine unschuldige Frau. Nachdem sie mir alles genommen hatten, ließen sie mich zurück. Ich war am Boden zerstört. Meine finanzielle Lage war sehr schlecht. So schlecht, dass ich kaum wusste, wie ich das Schulgeld für meine Kinder zusammenkriegen sollte. Ich weinte viel. Und ich hatte niemanden, der mich bei all dem emotional unterstütze. 

Zum Glück traf ich auf Frauen, die Teil von Women for Women International waren und mich in meiner Situation berieten. Ich war beeindruckt davon, wie gut mir die Gespräche allein schon taten. Als ich kurz darauf mitbekam, dass man sich für eines ihrer Programme anmelden konnte, habe ich mich direkt registriert.   

Ich habe gehofft, dass mich die Programmteilnahme stärken würde – und ich hatte recht. Ich habe gelernt, wie ich mein Geschäft richtig führe und kann nun endlich etwas Geld für den Schulbesuch meiner Kinder beiseitelegen. Das hat mir sehr geholfen.  

SUZAN

Inzwischen bin ich mental gestärkt und glücklicher. Ich weiß nun, wie ich mit gewissen Situationen zurechtkomme und, wie ich dafür sorgen kann, dass meine Kinder stets genug zu essen haben. Ich leide nicht mehr so stark unter den Auswirkungen meiner Depressionen, und suche nach Lösungen, sobald ich mit Herausforderungen konfrontiert werde.  Die Ausbildung hat mich selbständiger gemacht und das Vertrauen in mich selbst wachsen lassen. Ich werde nie wieder einen neuen Mann über meine Kinder stellen. Niemand kann mich davon überzeugen, meine Familie zu verlassen, oder eine Ehe einzugehen, nur um ein leichteres Leben zu führen. 

Suzan in ihrem Zuhause, Credit: WfWI

Als meine älteste Tochter schwanger wurde, und meine Familie sie dazu zwingen wollte, so bald wie möglich zu heiraten, habe ich mich getraut, dazwischenzugehen. In dieser Streitsituation konnte ich nur an eines denken: Ich selbst konnte nicht zur Schule gehen. Jetzt will ich alles dafür tun, dass meine Töchter eine Ausbildung erhalten. Ich sage meiner Erstgeborenen, dass sie sich keine Sorgen machen muss. Ich würde sie niemals im Stich lassen. Ich stehe ihr mit all dem Wissen, das ich habe zur Seite. Ich rate ihr, dass sie während der Schwangerschaft auf sich aufpassen, und für eine sichere Entbindung beten soll. Ich versichere ihr, dass sie ihre schulische Ausbildung nach der Geburt und dem Ende der Stillperiode fortsetzen kann.   

Alles, an das ich denken kann ist, dass meine Kinder eine Ausbildung bekommen. Dasselbe gilt für mein Enkelkind, das ich als mein eigenes, als mein jüngstes Kind betrachte und mit derselben Fürsorge behandele wie die anderen.  

  

Ich bin nun in der Lage, meine Familie zu versorgen, Geld zu sparen und unser Zuhause zu pflegen. In der Gesellschaft, in der wir leben helfe ich außerdem anderen Familien und Gemeindemitgliedern dabei, ihre Konflikte zu lösen. Jetzt bin ich mutig!  

  

STAND WITH HER

Begleite eine Frau wie Suzan, die sich für die Rechte ihrer Kinder einsetzt und ermögliche ihr eine bessere Zukunft.

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Wie Grace der Stigmatisierung von Menstruation in Nigeria entgegentritt

Mein Name ist Grace Baren. Ich bin Mutter von drei Kindern und lebe im Dorf Fwil in Vwang in der Stadt Jos in Nigeria. Seit meiner Kindheit habe ich unüberwindbare Herausforderungen erlebt, darunter Schulabbruch, Zwangsheirat und Gewalt. Aber alles änderte sich…

Ich war gerade mit meinen Kindern bei meiner Mutter zu Besuch. Wir waren im Haus, als wir plötzlich Schüsse hörten. Bewaffnete Männer waren in unser Dorf eingedrungen. Sie befahlen den Frauen und Kindern, sich in der Dorfmitte zu versammeln. Nach einer Weile wurde unser traditionelles Horn geblasen, das Gefahr signalisierte; wir sollten rennen und uns verstecken. Ich war damals schwanger, hielt meine Kinder fest und rannte, so weit mich meine Beine trugen.

Als ich sah, wie ein alter Mann in den Fluss sprang, um sich zu verstecken, folgte ich ihm. Mit einer Hand hielt ich meine Tochter fest, während mein Sohn auf meinem Rücken saß, und ich klammerte mich an eine stachelige Pflanze, damit uns das Wasser nicht mitriss.

Wir blieben die ganze Nacht im Fluss, und als wir am nächsten Tag in unser Dorf zurückkehrten, waren die meisten Häuser bis auf die Grundmauern niedergebrannt, auch unser Haus, unser Hab und Gut und sogar das Silo, in dem wir Getreide gelagert hatten.

Ich brachte meine Kinder für die Nacht zu einem Militärkontrollpunkt, da wir nirgendwo hingehen konnten. Am nächsten Tag gingen wir zum Haus meiner Tante in der Gemeinde Gyel. Meine Tante war überglücklich, uns zu sehen, vor allem, weil mein Mann uns gesucht hatte und befürchtete, wir seien bei dem Angriff getötet worden. Mein Mann brachte uns am nächsten Tag nach Hause. 2016 schlug das Unglück erneut zu, als mein Mann starb und mich mit den Kindern inmitten von Ablehnung und Not zurückließ. Einige Monate nach seiner Beerdigung zwang mich die Großfamilie, seinen jüngeren Bruder zu heiraten. Ich weigerte mich und musste zu meiner Mutter zurückkehren. Entschlossen, mein Schicksal zu ändern, begann ich Reiskuchen zu verkaufen und nahm an einem Nähprogramm für Witwen in meiner Gemeinde teil, um für meine Kinder zu sorgen.

Während meiner Arbeit auf dem Markt bemerkte ich erstaunliche Veränderungen bei den Frauen, die am Programm von Women for Women International teilnahmen. Das war eine starke Erinnerung daran, was das Programm für eine Frau wie mich bewirken kann. Ich betete inständig um eine weitere Chance. Im Mai 2023 wurden meine Gebete erhört, als WfWI zurückkehrte, um mehr Frauen aufzunehmen. Ich hatte das Glück, für die zweite Gruppe ausgewählt zu werden.

Ich konnte es kaum erwarten, nach so vielen Jahren wieder ins Klassenzimmer zurückzukehren. Ich habe wertvolle Fähigkeiten erworben und gute Kontakte zu anderen Frauen geknüpft.

Dank meiner Kenntnisse aus dem Programm „Stronger Women, Stronger Nations“ wurde ich für eine zweiwöchige Schulung über wiederverwendbare Menstruationsbinden ausgewählt. Zusammen mit neun anderen Teilnehmerinnen lernte ich, wie man umweltfreundliche, wiederverwendbare Menstruationsbinden herstellt, verpackt und vermarktet. Das war eine unglaublich bereichernde Erfahrung. Nach der Schulung habe ich die erworbenen Fähigkeiten genutzt, um meine eigenen wiederverwendbaren Binden bequem zu Hause herzustellen.

Grace bei der Herstellung von Binden,
Fotocredit: WfWI

Diese Fähigkeit zu erlangen, ist eine bemerkenswerte Leistung, denn ich habe mir immer Sorgen darüber gemacht, wie die Frauen und Mädchen in meiner Gemeinde mit ihrer Menstruationshygiene umgehen. Die meisten benutzen unhygienische Materialien wie Lumpen, Blätter und sogar Kuhdung, weil sie sich keine Einwegbinden leisten können. Diese Praxis setzt sie verschiedenen Gesundheitsproblemen aus, die schwer zu behandeln sind. Durch die Schulung konnte ich sie über die Gefahren der Verwendung dieser unhygienischen Materialien aufklären und ihnen wiederverwendbare Binden aus gesunden Materialien vorstellen. Diese Binden sind haltbar, waschbar und können viele Monate lang wiederverwendet werden. Es ist mir gelungen, mehrere Packungen mit je zwei Binden und fünf Flanellbinden zu verkaufen.

Jetzt arbeite ich mit anderen Gruppenmitgliedern zusammen, tausche Ideen über Marketingstrategien aus und überlege, wie wir einen größeren Markt für unser innovatives Produkt erreichen können. Wir sind zuversichtlich, dass wir mit der Zeit große Fortschritte machen werden. Ich bringe auch meinen beiden Töchtern bei, wie man die Binden herstellt, und meine älteste Tochter Christiana, die eine weiterführende Schule besucht, benutzt die Binden. Sie informiert auch die Mädchen in ihrer Schule über Menstruationshygiene.

Abgesehen von dem Einkommen, das ich verdiene, ist es für mich ein großer Erfolg, die Menstruationshygiene in meiner Gemeinde zu verbessern.

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Gedenken zum 30. Jahrestag des Genozids in Ruanda: Eine Geschichte voller Hoffnung und Vergebung

MEIN NAME IST KAKUZE MARIE EMERANCE. ICH BIN 48 JAHRE ALT, VERHEIRATET UND HABE ZWEI KINDER. ICH WURDE IN RUBAVU IN DER WESTPROVINZ GEBOREN, LEBE ABER JETZT IM NYAMIRAMA-SEKTOR IM BEZIRK KAYONZA.  

Ich erinnere mich an den Völkermord, als wäre es gestern gewesen. Ruanda versank im Blutbad, und ich gefangen in der Gewalt. 

Am 9. April 1994 nahm mein Leben und das meiner Familie eine schreckliche Wende, als bewaffnete Milizen in unser Haus in Rubavu in der westlichen Provinz eindrangen. Mit Macheten bewaffnet brannten sie alles nieder, auch unser Zuhause. Sie töteten meinen Vater, seine beiden Brüder, meine ältere Schwester und alle ihre Kinder und verscharrten sie lieblos in einem Massengrab. Angeheizt durch die Rhetorik der ethnischen Spaltung zwischen Tutsi und Hutu, wandten sich Nachbarn gegen Nachbarn, Freunde gegen Freunde. Unser einst friedliches Dorf wurde in Chaos und Blutvergießen verwandelt. Meine Mutter überlebte, schwer traumatisiert von den schrecklichen Angriffen, gelang es ihr dennoch, zu fliehen. 

Zusammen mit meinen Geschwistern versuchte auch ich zu fliehen. Wir suchten Zuflucht an einem Ort, den ich für sicher hielt, im Sektor Nyamyumba im Bezirk Kayonza. Dort hatte ich vor meinem Praktikum gelebt. Doch sicher war dieser Ort seit Beginn der Gewaltakte nicht mehr. Einer meiner Kollegen informierte die Miliz, dass ich Tutsi sei. Sie suchten mich, schlugen mir mit einer Machete den rechten Arm ab und zertrümmerten meinen Ellbogen mit einem Hammer. Sie ließen mich zum Sterben zurück, doch ich überlebte – zum zweiten Mal. 

Diese Tage waren grauenvoll. Die Miliz hat systematisch Menschen umgebracht. Männer, Frauen und Kinder wurden getötet. Familien wurden auseinandergerissen, Eltern vor ihren Kindern erschossen, viele mussten in die Nachbarländer fliehen.

Bald darauf nahm die Gewalt ein Ende. Das Leid hielt an. Meine Familie war wie ausgelöscht und ich hatte keinen Ort, den ich mein Zuhause nennen konnte. Die Jahre vergingen und ich begann langsam, mein Leben neu aufzubauen. Es war eine traurige Zeit, und ich ging nicht wieder zur Schule. Denn ich musste mich stattdessen um meine Geschwister und meine Mutter kümmern, die gerade aus dem Kongo zurückgekehrt waren.  

Nach den tragischen Ereignissen in Ruanda startete die Gemeinschaft verschiedene Programme, um den Überlebenden zu helfen, ihr Leben wieder aufzubauen. Ich arbeitete mit anderen Überlebenden zusammen und verbreitete Botschaften der Hoffnung, um die Heilung und Erholung von den traumatischen Erfahrungen anzutreiben, die wir von diesem Genozid davongetragen haben. 

2008 führte die ruandische Regierung die traditionellen Gacaca-Gerichte ein, vor denen die Hutu-Milizen, die unsere Familien und Überlebenden ermordet hatten, den Versöhnungsprozess einleiteten. Zunächst schien all das ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, denn einige der Täter waren noch immer untergetaucht, während andere bereits im Gefängnis saßen. Schließlich erschienen sie jedoch zu den Gacaca-Sitzungen. Die Entscheidung, den Tätern gegenüberzutreten, ist mir nicht leicht gefallen. Ich habe lange gebraucht, um mich damit abzufinden.  

Ebenfalls im Jahr 2008 wurde ich von den lokalen Behörden dazu ausgewählt, mich mit vielen anderen Frauen, die den Völkermord überlebt hatten, für das Programm von Women for Women International anzumelden. Wir fanden einen sicheren Raum, in dem wir unsere Erfahrungen austauschen konnten, und in unseren sozialen Modulen erlernten wir Kompetenzen wie Mitgefühl und Vergebung. 

Trotz des Schmerzes in meinem Herzen wählte ich den Weg des Mitgefühls und der Versöhnung. Es war nicht leicht, den Tätern zu vergeben, aber schließlich konnte ich ihnen verzeihen und mit meinem Leben weitermachen.

Einige der Frauen, die an dem Programm teilnahmen, waren Hutu. Manchmal hielt ich sie für Mörderinnen. Als ich jedoch weiter an den Treffen teilnahm, wurde mir allmählich klar, dass wir alle unterschiedliche Probleme und Herausforderungen im Leben haben. Mit jeder Woche, die verging, begann ich mein Herz zu öffnen und ich wurde mitfühlender. Das Programm hat nicht nur meine Perspektive, sondern auch mein Leben verändert. Ich beschloss auch, Gefangene im Bezirk Rubavu während des Prozesses zu besuchen. Sie gestanden, Mitglieder meiner Familie getötet und unser Haus angezündet zu haben, und baten um Vergebung. Obwohl die Regierung mit der Kampagne „NDI UMUNYARWANDA“ (Ich bin Ruander:in) für Einheit und Versöhnung warb, wurde mir nach dem Training von Women for Women International klar, wie wichtig es ist, sich auf die Menschlichkeit zu konzentrieren, anstatt Menschen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit einzuordnen. 

Obwohl die Menschen, denen ich vergeben habe, noch immer im Gefängnis sitzen, habe ich erkannt, dass ich die Macht habe, mein Leben zu ändern und das Leben der Menschen um mich herum auf eine positive Art und Weise zu beeinflussen. Mit Unterstützung der lokalen Behörden habe ich einen Kindergarten für gefährdete Kinder gegründet. Außerdem bin ich Ausbilderin im Women’s Opportunity Centre, wo ich anderen Frauen wichtige berufliche Fähigkeiten nahebringe. Darüber hinaus kümmere ich mich um meine beiden Kinder und bringe sie zur Schule. Mein Ältester ist 23 Jahre alt und wird bald sein Studium beginnen. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um ihn dabei zu unterstützen.   

Als Überlebende des Völkermordes dürfen wir die schutzbedürftigen Frauen, die Kinder der Täter des Völkermordes sind, nicht vergessen. 

Ich gebe all das Wissen, das ich mir während meiner Zeit bei Women for Women International angeeignet habe, immer wieder an andere Frauen weiter, in der Hoffnung, auch ihr Leben ein Stück weit zu verändern.

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Stehe Frauen bei, die Traumata und Krieg überwinden müssen. Stand With Her Now!

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Hoffnung schenken – einer Frau nach der anderen 

Athiya Nemani Micah und Ruth Benjamin Raumna sind seit sechs Jahren Trainerinnen des „Stronger Women, Stronger Nations“-Programms in Nigeria. Dieser Blogpost ist eine Sammlung all ihrer Erfahrungen. 

Die Idee hinter der Arbeit von Women for Women International ist, dass jede Frau mit etwas Unterstützung und viel Solidarität die Kraft hat, ihre Welt zu verändern. Doch kann niemand besser über diesen Transformationsprozess sprechen als unsere Trainerinnen selbst. Denn sie begleiten die Frauen in unserem Programm Tag für Tag auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes, selbstbewusstes Leben. 

Athiya ist seit sechs Jahren eine Social Empowerment Trainerin in Nigeria
Foto: WfWI

Athiya ist eine starke Frau. Mit einer noch stärkeren Stimme und einem unerschütterlichen Blick. Es ist unmöglich zu übersehen, wie Frauen, die ihren Kurs zur Stärkung sozialer Kompetenzen besuchen, mit erneutem Selbstvertrauen hervorgehen, bereit, aktiv ihre Zukunft zu formen. Seit sechs Jahren ist Athiya Trainerin in Nigeria und hat den Transformationsprozess der Frauen schon viele Male miterlebt. Zu Beginn sind viele von ihnen stark geprägt von den dramatischen, drastischen Umbrüchen, die sie in oftmals kurzer Zeit erleben müssen, gezeichnet und niedergeschlagen von ihrer Lebensrealität und vom Verlust geliebter Menschen. 

Diese Frauen fühlen sich klein, enttäuscht … Sie können vielleicht nicht einmal zum Unterricht beitragen, aber im Laufe der Zeit siehst du, wie sie ihr Selbstvertrauen aufbauen, weil sie jetzt ihren Wert und ihre Bedeutung kennen.“ Athiya ist wichtig, dass die Frauen erkennen, welchen enormen Beitrag sie in ihrer Familie und Gesellschaft leisten. Deshalb gehört es zu den ersten Schritten, ihnen genau das vor Augen zu führen.  

Im Laufe der Zeit sehen Sie, wie diese Frauen die kleinen Dinge zu schätzen lernen, die sie tun, um Veränderungen in ihrem Leben, ihrer Familie und sogar der Gemeinschaft hervorzurufen.

ATHIYA

Von der Kindererziehung und Haushaltsführung bis hin zur Ausübung anderer Fürsorgepflichten in der Gemeinschaft lernen die Frauen unter Anleitung von Trainer:innen wie Athiya, dass die kleinen, scheinbar unbedeutenden Dinge, die sie tun, gar nicht so klein und unbedeutend sind. 

Diese Erkenntnis verzehnfacht ihre Kräfte, während sie gleichzeitig lernen, diese gezielt einzusetzen. Sie werden zu Befürworterinnen und Führungskräften. Zu Frauen, die ihre Rechte einfordern und ihre Stimmen nutzen, um Veränderung zu bewirken.  

"Sie sehen, wie diese Frauen zu Entscheidungsträgerinnen werden, sich am Kampf um Menschenrechte beteiligen und ihr Erlerntes dort nutzen, wo es für das Wachstum der Gemeinschaft notwendig ist." Ihr Wissen verbreitet sich, sowohl generationenübergreifend, indem Frauen sicherstellen, dass auch ihre eigenen Kinder diese Form der Bildung erfahren, als auch in ihren partnerschaftlichen Beziehungen, wo sie mit ihren Ehepartnern über Angelegenheiten wie reproduktive Gesundheit und ihre Rolle im Haushalt sprechen. Sie lernen, Konflikte zu bewältigen, und bilden Netzwerke zur gegenseitigen Unterstützung und Ermutigung mit Gleichgesinnten. Solidarität verbindet – und gemeinsam sind sie unaufhaltsam. 

Ruth ist ebenfalls Trainerin in Nigeria. Und in Ruths Erfahrungen bestätigt sich die unvergleichliche Kraft einer Frau, die ihre Rechte kennt, sowie der Schaden, der entsteht, wenn ihr diese Kraft vorenthalten wird.  

Wenn sie zum ersten Mal in den Unterricht kommen, wissen viele nicht, an wen sie sich wenden wollen, wenn ihre Rechte verletzt werden, weil sie meist nicht einmal wissen, dass ihre Rechte verletzt wurden.

RUTH

„Nach den Veränderungen in ihrer Wahrnehmung beginnen die Frauen, proaktiv zu handeln. Sie lernen, die Normen und Praktiken zu hinterfragen, die oftmals der Ursprung der Unterdrückung sind.“  

Für Ruth ist genau das der Wendepunkt. Für Athiya liegt die Hoffnung im Kern der Transformation jeder einzelnen Frau.  

Athiya und Ruth, Foto: WfWI

„Frauen kommen mit einer Mentalität des Zorns, [verloren in] was auch immer mit ihnen passiert ist. Aber das Programm schenkt ihnen Hoffnung und gibt ihnen ein Gefühl von Zugehörigkeit. Zu wissen, dass es Hoffnung gibt, auch wenn alles verloren ist. Das macht dich als Trainerin glücklich“, Athiya lächelt. Sie weiß besser als jede:r andere, dass alles möglich ist, sobald die Hoffnung wiederhergestellt ist.  

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Unterstütze Trainerinnen wie Ruth und Athiya bei ihrer wertvollen Arbeit mit Frauen in Nigeria.

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Mein Name ist Chisimdi

CHISIMDI SETZT SICH ENTSCHIEDEN GEGEN KINDERHANDEL EIN. TROTZ JAHRELANGER GEWALT DURCH IHREN PARTNER HATTE CHISIMIDI DIE KRAFT, IHRE VIER KINDER AUFZUZIEHEN UND ZU VERSORGEN. NACHDEM SIE DIE BEZIEHUNG HINTER SICH GELASSEN HATTE, FAND SIE IHRE STIMME UND IHREN MUT WIEDER.

Ich begann mein Leben als ein vielversprechendes Mädchen, das die ganze Liebe und Aufmerksamkeit seiner Eltern genoss. Mein Vater war Polizeibeamter und legte großen Wert auf die Ausbildung seiner Kinder – aller sieben von uns. Doch als ich zur Heirat gezwungen wurde, begannen meine Probleme.

Mein Mann misshandelte und missbrauchte mich auf mehr Arten, als ich aufzählen kann. Er hat mich praktisch zu einer Sklavin gemacht. Ich bekam vier Kinder, die ich allein aufzog und für die ich ihr ganzes Leben lang sorgte. Vor seinem Tod im Jahr 2015 waren die Prioritäten meines Mannes Alkohol und Frauen. Er verschwand wochenlang ohne Vorankündigung und kam zurück, nachdem er sein ganzes Geld verprasst hatte. Er schlug mich, nahm mein Geld und verschwand wieder.

Jeden Tag wachte ich auf und überlegte mir, wie ich mein Leben verbessern könnte. Dann kam meine Chance: Women for Women International begann mit einem Programm in meiner Gemeinde.

Der Eintritt in das Programm im Jahr 2016 war für mich eine große Erleichterung. Es bot mir einen sicheren Raum, in dem ich meine Probleme hinter mir lassen, mich mit meinen Schwestern verbinden und Unterstützung finden konnte.

Mein Selbstvertrauen stieg von null auf hundert.

Ich glaubte wieder an mich und lernte, mich selbst zu schätzen. Ich war die Gruppenleiterin, und dass mir diese Verantwortung anvertraut wurde, gab mir einen Grund, jeden Tag zu lächeln.

Als wir das Programm abschlossen, wurde ich sogar für eine weitere Ausbildung zum Change Agent für meine Gemeinde ausgewählt – eine Verantwortung, die mir sehr am Herzen liegt. Ich bin mir sicher, dass mein Leben anders verlaufen wäre, wenn ich diese Ausbildung früher absolviert hätte. Ich habe meine Stimme gefunden, die über Jahre hinweg unterdrückt worden war.

Wo immer es Unrecht gibt, vor allem gegen eine Frau, da bin ich zu finden.

CHISIMDI

Als Change Agent wage ich es, dem Kinderhandel ein Ende zu setzen, einer Bedrohung, die so weit um sich gegriffen hat. Eltern gebären Kinder, für die sie nicht sorgen können, und schicken sie in andere Staaten, damit sie dort arbeiten und Geld nach Hause schicken. Viele Kinder starben bereits, ohne jemals ihre Träume zu leben. Das bricht mir jedes Mal das Herz.

Ich rief meine Change Agents zusammen und wir gingen zum Gemeindeoberhaupt und zur Polizei, um ein lokales Gesetz zu fordern, das Eltern daran hindert, ihre Kinder zu verkaufen. Das Gesetz wurde verabschiedet und bisher haben wir vier Personen gemeldet, die verhaftet und gezwungen wurden, die Mädchen in unsere Gemeinde zu bringen. Wir sind optimistisch, dass wir mit weiteren Initiativen die Mentalität der Eltern umkehren können – Kinderhandel ist nicht die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen.

Von einer gequälten, misshandelten, schüchternen Frau habe ich es gewagt, allen Widrigkeiten zu trotzen.

Heute kann ich sogar mutig vor den Präsidenten treten, um für die Rechte der Frauen einzutreten.

Das wäre ohne Women for Women International nicht möglich gewesen. Das Programm hat mir geholfen, meine Stimme zu finden, selbstbewusst zu werden und zu erkennen, dass ich, egal wie klein ich in der Gesellschaft bin, positive Veränderungen bewirken kann. Dank der Wirtschaftsschulung konnte ich lukrative Geschäfte aufbauen und Kredite von meiner Spargruppe und den Genossenschaften erhalten. Heute bin ich stolze Besitzerin eines Hauses, das ich von Grund auf selbst gebaut habe, und ich bin aus dem Anwesen meines Mannes ausgezogen – weit weg von den Problemen seiner Geschwister und anderer Frauen.

Ich bin glücklich, meine Kinder sind glücklich, meine Gesundheit ist in Ordnung, und ich weiß, dass die Zukunft noch so viel mehr für mich bereithält.

Ich träume davon, eines Tages für ein politisches Amt zu kandidieren – um eine stärkere Plattform zu haben, um Frauen in meiner Gemeinde zu helfen.

CHISIMDI

Ich möchte mir selbst und der Welt beweisen, dass es mit dem richtigen Wissen und den richtigen Mitteln absolut nichts gibt, was eine Frau nicht erreichen kann. Ich habe in diesem Leben viel gelitten, und ich werde immer dafür kämpfen, dass andere es besser haben als ich.

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Begleite eine Frau wie Chisimdi, die sich gegen Ungerechtigkeit wehrt, auf ihrem Weg zu mehr Selbstbestimmung.

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Mein Name ist Marie-Jeanne

DIE BETEILIGUNG VON FRAUEN AN ENTSCHEIDUNGSPROZESSEN IST FÜR EINE AUSGEWOGENE UND GERECHTE GESELLSCHAFT UNERLÄSSLICH. IN DER GEMEINSCHAFT VON MARIE JEANNE HABEN DIE MÄNNER JEDOCH DIE KONTROLLE ÜBER DIE SÄMTLICHE ENTSCHEIDUNGEN.

Marie Jeanne erzählt uns, dass Frauen bei Gemeindeversammlungen nicht die Möglichkeit haben, ihre Ideen und Anliegen einzubringen. Sie hat sich gegen diese und andere Ungerechtigkeiten gewehrt. Sie wagt es, im Namen aller Frauen in ihrer Gemeinde zu sprechen.

DIES IST IHRE GESCHICHTE:

Ich lebe in einem kleinen Dorf in Bukavu, Süd-Kivu, bin 47 Jahre alt und Mutter von sechs Kindern. Außerdem bin ich die Vormundin eines Jungen, der zurückgelassen wurde, nachdem sein Vater beim Einmarsch der Rebellengruppe in Goma im Jahr 2013 getötet wurde.

Ich bin Bäuerin, aber die schlechten Lebensbedingungen und die wiederkehrenden bewaffneten Konflikte im Osten der Demokratischen Republik Kongo machen es schwierig, für meine Kinder zu sorgen. Die geringen Einnahmen, die ich aus der Landwirtschaft erziele, decken 10 Prozent des Bedarfs meines Haushalts. Das ist bei vielen von Frauen geführten Haushalten in meinem Dorf der Fall. Nachdem sie ihre Männer im Krieg verloren haben, müssen sich die Frauen um die Waisen und den Haushalt kümmern.

Durch die zunehmenden Spannungen und die Unsicherheit wurde es für meinen Mann und mich immer schwieriger zur Arbeit zu gehen. 2014 ging ich das Risiko ein und ging in ein nahegelegenes Dorf namens Luhara, um an dem Stronger Women, Stronger Nations-Programm von Women for Women International teilzunehmen.

Marie-Jeanne in ihrem Zuhause in Süd-Kivu, Credit: WfWI

Meine Motivation zur Teilnahme wurde durch Frauen in Luhara geweckt, deren Leben sich nach der Teilnahme an dem Programm drastisch verändert hatte. Ich habe mich immer wieder gefragt, wie sie es geschafft haben, in kurzer Zeit ihr eigenes Einkommen zu sichern.

Glücklicherweise startete Women for Women International 2016 das Programm in meinem Dorf, und ich war eine der ersten Frauen, die sich registrieren ließen. Ich schloss mich einer Gruppe von 25 Frauen an, gemeinsam bildeten wir eine Klasse. Wir lernten praktische Fähigkeiten wie Schönheitspflege, Geflügelhaltung und Ziegelherstellung. Wir lernten, wie man Handel treibt und ein Geschäft aufbaut. Ganz nebenbei lernten wir auch etwas über unsere Rechte als Frauen, über unser Recht, Land zu besitzen und zu erben, und darüber, wie wir Gewalt und häuslichen Missbrauch verhindern können.

Die Schulung bot uns einen sicheren Raum, in dem wir unsere Erfahrungen austauschen und uns zu Themen äußern konnten, die uns in unseren Gemeinden und zu Hause betreffen.

Nach ein paar Monaten wurde ich selbstbewusster und traute mich, meine Überzeugungen vor anderen zu äußern.

MARIE-JEANNE

Nach meinem Abschluss begann ich mit dem Change Agents-Programm, das sich an Frauen richtet, die Motivation und Führungsqualitäten in ihrer Gemeinde zeigen. Wir ermittelten die Veränderungen, die wir sehen wollten, und erstellten Aktionspläne, wie wir unsere Stimmen und Erfahrungen nutzen wollten, um unsere Gemeinden zu beeinflussen.

WÄHREND DES CHANGE AGENT-PROGRAMMS WURDEN WIR ERMUTIGT, UNS AM ÖFFENTLICHEN LEBEN ZU BETEILIGEN, UNS FORTZUBILDEN, UNS GEGENSEITIG ZU UNTERSTÜTZEN UND UNSERE RECHTE EINZUFORDERN.

Die Module zur Durchführung von Advocacy-Aktionen haben mir geholfen, die Angst zu vertreiben und die Mythen zu zerstören, die kongolesische Frauen seit Jahrzehnten dazu bringen, zu schweigen, wenn Männer sprechen.

Heute kann ich meine Meinung sagen und die Ideen der Frauen ohne Angst äußern.

Aufgrund des langjährigen Konflikts in der Demokratischen Republik Kongo sind die rückschrittlichen traditionellen Gesellschaftsordnungen tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. Ich habe festgestellt, dass Frauen bei öffentlichen Versammlungen in meinem Dorf nicht zu Wort kommen oder ihre Anliegen vorbringen können. Alle Entscheidungsprozesse liegen nach wie vor allein in den Händen der Männer. Ich bezog Stellung und beschloss, mich gegen die Norm zu stellen.

Ich vertrete und spreche in den Versammlungen im Namen der Frauen. Ich verschaffe den Stimmen der Frauen in meinem Dorf Gehör.

MARIE-JEANNE

Einige der Themen, die ich bei den lokalen Behörden in meinem Dorf anspreche, sind Erbschaftsrechte der Frauen, die Bildung der Mädchen, das wirtschaftliche Potenzial der Frauen, die sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen und die Möglichkeit der Frauen, ihre Meinung zu äußern und ihre Ideen zu vertreten. Die lokalen Behörden haben einige der Probleme aufgegriffen und angegangen. Mein Dorfchef zögert nicht, mich nach meiner Position zu fragen. Er hat mich sogar ‚Nyumba Kumi‘ genannt, weil ich zehn Haushalte verwalte und vertrete.

Bis jetzt habe ich drei Frauen in meinem Dorf geholfen, ihr Erbe zurückzubekommen, nachdem ihnen ihr Recht auf Erbe unrechtmäßig verweigert wurde, weil sie Frauen sind. Meine Bemühungen liegen nicht nur in den Veränderungen, die ich angestoßen habe, sondern auch in dem Mut, den ich bei den Frauen in meinem Dorf geweckt habe.

Ich bin zuversichtlich, dass meine furchtlose Stimme eines Tages alle Barrieren niederreißen und eine neue Ära der Gleichberechtigung in meinem Dorf einleiten wird.

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Unterstütze eine Frau wie Marie-Jeanne in der DRK, sodass Frauen in ihren Gemeinden gleichberechtigt behandelt werden.

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Mein Name ist Iryna

ICH FORDERE GERECHTIGKEIT FÜR ÜBERLEBENDE SEXUELLER GEWALT

Vom ersten Tag der russischen Invasion in der Ukraine an wusste ich, dass ich mein Land nicht verlassen würde. Meine Überzeugung wuchs, als sich die Gerüchte über die Gräueltaten an Frauen bestätigten – ebenso wie mein Bedürfnis, sofort zu handeln und nicht auf das Ende des Krieges zu warten.

An dem Tag, als der Krieg in die Ukraine begann, wachte ich um 5:30 Uhr morgens auf, weil meine Tochter weinte. Als ich mich wieder ins Bett legte und die Augen schloss, hörte ich eine gewaltige Explosion und die Autoalarme begannen zu schrillen. Ich nahm mein Handy in die Hand, um zu sehen, was los war, und eine Flut von Nachrichten und Facebook-Posts bestätigte meine Befürchtungen.

Ich weckte meinen Mann und sagte ihm, dass der Krieg offiziell begonnen habe. Die Ukraine wurde angegriffen.

IRYNA

Vor unserem Fenster zog sich eine Schlange von Autos, die verzweifelt die Stadt verlassen wollten. Wir wohnten an der Grenze zu Kiew, so dass wir auch die Lichter der feindlichen Raketen sehen konnten, die auf die kilometerweit entfernten Städte fielen. Städte voller Familien wie meine eigene.

Unsere Tochter war damals erst zwei Jahre alt, und so beschlossen wir, dass es das Beste war, die Stadt zu verlassen und in ein Dorf zu fahren, um sie in Sicherheit zu bringen. Feindliche Raketen flogen die ganze Zeit über unsere Köpfe hinweg, während wir unser ganzes Leben in zwei Koffern und einer Tasche packten. Wir wohnten in einem alten Haus, das von meiner Urgroßmutter gebaut worden war. Bevor sie starb, riet sie meiner Mutter, es nicht zu verkaufen: „Es wird eine Zeit kommen, in der die Menschen aus der Stadt fliehen werden“. Wie recht sie doch hatte.

Schließlich wurden wir in einem Studierendenwohnheim untergebracht, wo wir mit anderen Binnenvertriebenen lebten. Es waren Frauen aus Mariupol, Sumy, Bucha, Irpen und Charkiw. Jeden Morgen trafen wir uns in der Küche, um das Frühstück für unsere Kinder zuzubereiten. Wir unterhielten uns über die Neuigkeiten, die wir von Freunden hörten, die unter der Besatzung in ihren Heimatstädten geblieben waren. Als sie anfingen, schreckliche Geschichten von Vergewaltigungen zu erzählen, sprach ich mit alten Kontakten aus meiner Zeit beim Kiewer Regionalrat. Die Geschichten waren wahr.

Ich habe jeden Tag mit Freunden aus Kiew gesprochen. Wie ich konnten auch sie nicht tatenlos zusehen und auf den Sieg warten. Eines Tages sprach ich mit einem Freund über die Vergewaltigung von Frauen und den Bedarf der Überlebenden an psychologischer Unterstützung. So wurde die Andreev-Stiftung ins Leben gerufen. Als unser Militär Kiew befreite, beschlossen wir, mit einem Team von Psychologen und Psychologinnen nach Hause zurückzukehren, um Frauen zu helfen, die sexuelle Gewalt überlebt hatten.

Verständlicherweise dauerte es eine Weile, bis die Frauen uns vertrauten. Denn in ländlichen Gebieten werden vergewaltigte Frauen oft als Opfer beschuldigt. Viele verschlossen sich der Unterstützung, aber sobald sie zu erzählen begannen, konnten wir ihnen helfen, zu heilen.

Natürlich ist unsere Arbeit nicht ohne Risiko. Im letzten Winter wurden unsere Gruppensitzungen mehrmals unterbrochen, weil wir uns vor Raketen und Drohnen schützen mussten, die über uns hinweggeschossen wurden. Der Krieg stellt eine ständige Bedrohung für unsere Sicherheit dar.

Es lohnt sich dennoch, hier zu bleiben, wenn dadurch auch nur eine Frau nach ihrem Leid wieder zu leben beginnt.

IRYNA

Es ist eine Lehre für uns alle: Folge dem Ruf deines Herzens. Wenn du helfen möchtest, tu es einfach. Wenn auch nur eine Frau dank dir ihr Leben ändert, ist das ein unmessbarer Beitrag zum Fortschritt der Menschheit.

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Unterstütze eine Frau wie Iryna in der Ukraine, sodass mehr Überlebende sexualisierter Gewalt Unterstützung erhalten.

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Mein Name ist Amina

ICH NUTZE MEINE STÄRKE UND SETZE MICH FÜR DIE RECHTE VON FRAUEN IN AFGHANISTAN EIN

Als die de-facto-Regierung an die Macht kam, änderte sich alles. Alle Freiheiten, die sich Frauen in Afghanistan erkämpft hatten, wurden vollständig abgeschafft, und von dem Leben, das ich einst kannte, ist nicht mehr viel übrig geblieben. Dennoch wehren sich viele Frauen jeden Tag gegen die Verbote, die unsere Rechte betreffen.

Ich bin eine von ihnen.

Als die de-facto-Regierung uns das Recht auf Bildung nahm, nahm sie mir weder das Wissen, das ich durch jahrelanges Unterrichten von Frauen, Lesen und den Versuch, so viel wie möglich zu lernen, bereits besaß, noch nahm sie den Frauen den Wunsch nach Bildung. Aus diesem Grund traue ich mich trotz der Risiken, mein Wissen als Lehrerin bei Women for Women International mit den Frauen in meiner Gemeinde zu teilen.

Mein Wunsch, Frauen auszubilden, solange die de-facto-Regierung an der Macht ist, ist mit vielen Risiken verbunden. Wenn wir uns nicht an das Gesetz halten, sind wir und unsere Angehörigen vielen Risiken ausgesetzt. Manchmal werden die Männer in unseren Familien von den Behörden verhört oder verprügelt, weil sie uns Frauen nicht „kontrollieren“. Mitglieder der de-facto-Regierung lauern mit großen Maschinengewehren auf den Straßen, um ihre Regeln durchzusetzen und ihre Autorität über uns aufrechtzuerhalten. Doch trotz des Risikos, dem ich mich aussetze, fühle ich mich gezwungen, Frauen zu unterrichten, weil ich glaube, dass jede Frau das Recht haben sollte, zu lernen und ihr Wissen zu erweitern.

Ja, ich habe Angst. Jeden Morgen, wenn ich das Haus verlasse, weiß ich nicht, ob ich zurückkommen werde. Aber ich will nicht, dass die Angst mich beherrscht. Wenn gebildete Frauen wie ich ihr Wissen und ihre Fähigkeiten nicht weitergeben, welche Hoffnung bleibt dann für benachteiligte Frauen, die noch weniger Möglichkeiten haben?

AMINA

wenn ich sehe, wie sich die Frauen, die an unserem 12-monatigen Programm teilnehmen, verändern, ergibt für mich alles einen Sinn.

Am Anfang sind sie zu schüchtern, um Blickkontakt aufzunehmen. Schon im zweiten Monat haben sie Selbstvertrauen gewonnen und beginnen, Kontakte zu knüpfen. Innerhalb von vier oder fünf Monaten, ausgestattet mit dem monatlichen Stipendium und den erlernten beruflichen und unternehmerischen Fähigkeiten, beginnen sie, Wege zu finden, um ein Einkommen zu erzielen. Zu sehen, wie die Frauen ihre Stärke erkennen, gibt mir die Kraft, weiterzumachen.

Ich werde weiter unterrichten, weil es den Frauen Hoffnung gibt. Wir sind durch den Schmerz unseres Alltags miteinander verbunden. Da die Frauen hier in Afghanistan von Dunkelheit umgeben sind, ist dies die Hoffnung, an die wir uns jeden Tag klammern. Ich bin stolz darauf, eine der Frauen zu sein, die trotz der täglichen Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, weitermachen.

Anderen Frauen, die ihre Freiheiten verlieren und Not leiden müssen, rate ich, weiterzumachen. Bald werden wir alle Herausforderungen überwinden und unsere Zukunft selbst bestimmen.

Obwohl die Geschichte wahr ist, verwenden wir aus Gründen der Sicherheit und der Privatsphäre weder Aminas echten Namen noch ihr Foto.

ÜBERNIMM EINE PATENSCHAFT

Unterstütze eine Frau wie Amina in Afghanistan, sodass sie sich für ihre Rechte und Träume stark machen kann.

MEHR DAZU

Mein Name ist Grace

Als Überlebende von Gewalt in Ruanda bis zur Herstellerin weltberühmter Fußbälle – Grace traut sich, ihre Träume zu verwirklichen.

ICH HABE ES GEWAGT, MEIN LEBEN ZU VERÄNDERN

Wenn Sie mir gesagt hätten, dass ich mich von einer Bäuerin zu einer Geschäftsfrau entwickeln würde, die für ihre Familie alle Hindernisse aus dem Weg räumt, um ein komfortables Leben zu führen, hätte ich an Ihnen gezweifelt. Aber die Dinge können sich zum Besseren wenden, wenn man sich traut, an sich selbst zu glauben.

Nach dem Völkermord in Ruanda wurde Nahrungsmittelknappheit zu einer großen Herausforderung. Ich hatte die Landwirtschaft aufgegeben und deshalb keine Arbeit mehr. Die einzige Fertigkeit, die ich besaß, war die Herstellung von Fußbällen. Aber durch mein geringes Wissen über wirtschaftliche Prozesse gab es keinen Gewinn und ich konnte mir die Materialien, die für die Herstellung nötig waren, nicht leisten.

Wir haben beide die Ernte anderer Leute angebaut, aber von unserer eigenen Ernte haben wir nicht profitiert, weil die Landbesitzer den größten Teil unseres Anteils einforderten. Trotz dieser Herausforderungen blieb ich beharrlich und arbeitete hart für das Wohlergehen meiner Familie. Es war eine sehr schwierige Zeit in unserem Leben.

Als Women for Women International in meine Gemeinde kam, waren sie wie ein Leitstern, der mir Unterstützung und Anleitung bot, um mein Leben und das meiner Familie zu verbessern. Obwohl ich anfangs zögerte, fasste ich den Mut, an dem Schulungsprogramm teilzunehmen, bei denen uns wertvolle Fähigkeiten in den Bereichen Wirtschaft, Unternehmertum und anderen Themen vermittelt wurden und wir die Möglichkeit erhielten, einer Spargruppe beizutreten. Grace erzählt:

Die Schulung hat mich so inspiriert, dass ich mich traute, aus meiner Komfortzone herauszutreten und den anderen Frauen meiner Spargruppe vorschlug, mit der Herstellung und dem Verkauf von Fußbällen zu beginnen – ein anspruchsvolles Ziel, da wir Unterstützung bei der Beschaffung der Materialien benötigen würden.

– Programmteilnehmerin Grace aus Ruanda

Schau dir hier die Ganze story von grace an

Dennoch waren sie mit der Idee einverstanden, und Women for Women International stellte uns die erforderlichen Rohstoffe und Maschinen zur Verfügung, um unsere Idee in die Tat umzusetzen. Anfangs hatten wir Probleme, genügend Material für die Herstellung der Fußbälle zu bekommen, aber schließlich haben wir unser Ziel erreicht. Unsere Arbeit hat sich für uns alle gelohnt: Ursprünglich waren wir als Frauen in das Programm eingestiegen, die darum kämpften, über die Runden zu kommen, aber von Tag zu Tag wurden wir zu erfolgreichen Geschäftsfrauen.

Während des FIFA-Pokals in Ruanda schaute sogar der Präsident der FIFA mit anderen Offiziellen im Schulungszentrum vorbei. Er war sehr beeindruckt von den Fußbällen, die wir herstellten, und von der Zeit, die wir uns nahmen, um gute Qualität sicherzustellen. Wir waren so begeistert und stolz, als wir hörten, dass der Präsident mit der Presse über unsere Arbeit sprach!

Als Ergebnis all dieser Bemühungen habe ich mit meinem Verdienst ein Grundstück gekauft und plane ein Haus zu bauen – und das ist erst der Anfang. Ich habe auch vor, weiter zu arbeiten und nach und nach Unterkünfte zu bauen, um sie zu vermieten und mehr Geld zu verdienen. In ein paar Jahren werde ich genug gespart haben, um für jedes meiner Kinder eine Immobilie zu haben. Ich möchte auch, dass sie eine gute Ausbildung erhalten und hoffe, ihnen ein besseres Leben bieten zu können.

Ich hoffe auch, dass ich eines Tages Enkelkinder haben werde, die aus guten Verhältnissen stammen. Ich werde sie alle unterstützen, weil ich jetzt die Kraft und die Fähigkeit dazu habe.

Das Potenzial von Mädchen, die Welt zu verändern

ZUM WELTMÄDCHENTAG FEIERN WIR DIE UNGLAUBLICHE KRAFT UND DAS POTENZIAL VON MÄDCHEN.

Jeden Tag fühlen sich viele Mädchen weltweit ungeschützt und ungehört – das muss sich ändern!

In den 17 konfliktbetroffenen Ländern, in denen wir tätig sind, investieren wir in die Kraft von Frauen, die den Krieg überlebt haben, um ihr eigenes Leben zu verändern und ihr Wissen an folgende Generationen weiterzugeben. Sie leben in extremer Armut, sind direkt von Gewalt und Konflikten betroffen und leiden unter unzähligen Formen sozialer und wirtschaftlicher Benachteiligung. Mehr als die Hälfte der Frauen, die an unserem Programm Stronger Women, Stronger Nations teilnehmen, sind Analphabetinnen, alle verdienen weniger als 1,25 Dollar pro Tag und viele sind Witwen, Geflüchtete oder Überlebende von Vergewaltigung und Missbrauch. Diese Ungerechtigkeiten dürfen nicht auch ihre Töchter treffen.

129

129 Millionen

Mädchen gehen weltweit nicht zur Schule (Quelle: World Bank)

90%

erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass Mädchen in von Konflikten betroffenen Ländern keine weiterführende Schule besuchen (Quelle: World Bank)

12

Millionen

Mädchen unter 18 Jahren werden jedes Jahr zur Ehe gezwungen (Quelle: OHCHR)

Khalida mit Frauen im Zentrum von Women for Women International – Kurdistan Region of Iraq, die während des Solidaritätskreises für Frauen, die den Aufstand des IS überlebt haben, im Jahr 2022 sprechen. Foto: WfWI

IRAK

KHALIDA, PROGRAMMBEAUFTRAGTE IM SCHULUNGSZENTRUM SHEKHAN, ERZÄHLT:

Als Frau sehe ich die Kraft in mir selbst. Dank unserer Arbeit sehe ich nach und nach, wie die Frauen in meiner Gemeinde ihr Potenzial ausschöpfen. Ich möchte meine Kraft nutzen, um Frauen zu unterstützen, deren Stimmen nicht gehört werden, Frauen, die sich nicht trauen, ihre Stimme zu erheben, und Frauen, die ihr eigenes Unternehmen gründen und Teil der Gemeinschaft werden wollen. Ich werde meine Stimme nutzen, um ihnen Gehör zu verschaffen. Wenn meine Tochter aufwächst, werde ich ihr immer beibringen, ihrem Herzen zu folgen, andere zu respektieren, ihre Stimme zu erheben und Frauen zu unterstützen.“

SÜDSUDAN

CHANGE AGENTS BRECHEN RESTRIKTIVE NORMEN AUF

Frauen, die an unserem Change Agents-Programm teilnehmen, nutzen ihre Ausbildung in den Bereichen Führung und Interessenvertretung, um einen sozialen Wandel für ihre Töchter herbeizuführen. Dabei lassen sie sich von ihren eigenen Erfahrungen mit repressiven kulturellen und traditionellen Normen inspirieren. 

Im Südsudan werden Frauen und Mädchen traditionell Bildungs- und Wirtschaftschancen vorenthalten. Sie dürfen kein Geld verdienen, keine Führungsrolle übernehmen und keine Entscheidungen treffen. Junge Mädchen werden oft zwangsverheiratet oder früh verheiratet, damit ihre Familien eine Aussteuer erhalten.

Change Agents bei einem „Community Dialogue“-Treffen mit führenden Persönlichkeiten in ihren Gemeinden. Foto: Charles Atiki Lomodong
Change Agents in der Gemeinde Rudugungu, Nigeria. Von links nach rechts: Fatima, Khadija, Anthonia, Ummi und Halima. Foto: WfWI

NIGERIA

BILDUNG FÜR DIE NÄCHSTE GENERATION

Change Agents setzten sich für den Bau einer Grundschule in der Gemeinde Rudugungu ein – der ersten seit 50 Jahren.

In Rudugungu gab es keine Schule und die meisten Kinder haben noch nie eine offizielle Bildungseinrichtung besucht. Im Nordosten Nigerias waren viele Schulen aus Sicherheitsgründen geschlossen worden, aber es ging auch um ein tiefliegenderes Thema: die Ablehnung von Frauen und ihr Recht auf Bildung.

DIE FRAUEN IN UNSEREN GLOBALEN TEAMS UND PROGRAMMEN GEBEN IHRE KRAFT AN DIE NÄCHSTE GENERATION WEITER UND INVESTIEREN IN DAS POTENZIAL DER MÄDCHEN, DIE WELT ZU VERÄNDERN.

Esther Tabu, Ausbilderin in unserem Programm im Südsudan, betont die Notwendigkeit einer gebildeten nächsten Generation, insbesondere von Mädchen, um den nationalen Wandel und die Entwicklung voranzutreiben. „Die Zukunft der Mädchen sollte sich nicht nur auf das Kinderkriegen beschränken.“ Indem sie sich für Mädchen einsetzen, die von Zwangsheirat, einem vorzeitigen Ende ihrer Ausbildung und sexualisierter Gewalt bedroht sind, schaffen die Change Agents eine Zukunft, in der ihre Töchter ihre Rechte und Freiheiten voll ausschöpfen können.

Fatima Abubakar, eine unserer Change Agents, sagte:

Die Veränderung, die wir anstreben, besteht darin, Mädchen auszubilden und sie zu inspirieren, ihre Träume zu verwirklichen und ihre Gemeinden zu entwickeln.

Fatima und ihre Gruppe wandten sich an die Abteilung für informelle Bildung der Kommunalverwaltung von Rudugungu, um die Einrichtung einer Schule zu beantragen. Es bedurfte viel Überzeugungsarbeit, zahlreicher Folgebesuche und unermüdlicher Beharrlichkeit und Leidenschaft – doch im Oktober 2021 wurde tatsächlich eine Grundschule eröffnet.

Eine weitere Change Agent, Khadijah Umar, bezeichnete dies als einen sozialen Sieg:

Wir wollen, dass Frauen gebildet und in die Entscheidungsfindung zu Hause und in der Gesellschaft einbezogen werden. Wir wollen auch mehr Anwältinnen, Ärztinnen, Politikerinnen und Unternehmerinnen.

Sie fuhr fort: „Deshalb werden wir uns weiterhin für die Bildung von Mädchen einsetzen. Wir wollen, dass mehr Mädchen eingeschult werden und, wenn möglich, dass sie in der Schule bleiben, sie abschließen und in höhere Bildungseinrichtungen wechseln.“

Unsere globalen Teams haben aus erster Hand erfahren, wie die Macht und das Potenzial von Frauen und Mädchen durch restriktive Normen eingeschränkt werden. Sie sind inspiriert, die am stärksten ausgegrenzten Frauen in ihren Gemeinschaften auszubilden, um ihr Leben wieder aufzubauen und eine bessere Zukunft für die nächste Generation zu schaffen. Gemeinsam müssen wir gegen die vorherrschende Diskriminierung und Marginalisierung von Frauen und Mädchen in Konfliktgebieten angehen. Es werden nach wie vor grundlegenden Menschenrechte von Frauen und Mädchen missachtet, was Armut und Ungleichheit verstärkt.

Wir wissen, dass Frauen und Mädchen mit den richtigen Fähigkeiten, Kenntnissen und Ressourcen die Kraft haben, die Welt zu verändern.